Klettern in bestem Dolomitenfels: Pilastriniführe (IV+)

Eigentlich war für meinen letzten vollen Tag im Südtirol-Kurzurlaub ja die Besteigung des Langkofel (3181m) mit unserem mittlerweile angestammten Bergführer Toni Stocker geplant. Wir fuhren daher extra früh von Deutschnofen los, um für die lange Tour zeitliche Reserven zu haben und trafen so bereits gegen halb acht am Sellajoch ein - nur um dann von Toni zu hören: Das Wetter wird nicht halten...


Da sowohl für den Auf- als auch für den Abstieg auf den Langkofel (Bild oben, rechte Seite) jeweils 2,5 bis 4 Stunden veranschlagt werden, und selbst der Normalweg kein Spaziergang ist (Kletterei bis III+ und je nach Routenwahl eine Eisrinne mit bis zu 40°), ist es nur selbstverständlich, bei angekündigten Nachmittagsgewittern sehr zurückhaltend zu kalkulieren. Der Morgennebel zeugte bereits von einer hohen Luftfeuchtigkeit, und so schlug Toni vor, am Sellaturm klettern zu gehen. Auch keine schlechte Idee!


Wir fuhren also mit dem Auto noch ein Stückchen weiter und stiegen dann in gemütlichen zehn Minuten zum Einstieg einer Vielzahl von Kletterrouten am Ersten Sellaturm. Zum "Reinkommen" geht es zunächst im Einsergelände zu einem Standplatz, von dem man einen guten Blick auf den weiteren Routenverlauf hat:


Da ziemlich viel los war, entschied sich Toni für eine andere Route als ursprünglich geplant, was uns aufgrund der mitgeführten Rucksäcke beinahe zum Verhängnis wurde. Aber dazu später mehr. In sehr schöner IIIer- und IVer-Kletterei erreichten wir den Standplatz auf einem Grasband (auf dem obigen Bild dort, wo die Person mit der roten Hose steht).


Entlang eines breiten Risses bzw. einer Verschneidung ging es weiter - laut Topo angeblich mit der Schlüsselstelle (IV+). Ich muss sagen, dass ich die Stelle als nicht sehr schwierig in Erinnerung habe, aber ich glaube auch, dass wir (wie auf dem Foto eingezeichnet) den rechten und nicht wie im Topo angegeben den linken Riss geklettert sind.


Die folgende Kaminseillänge (Bild oben) war meiner Meinung nach eine der schönsten Längen der Route; ich muss aber auch zugeben, dass ich Verschneidungen und Kamine mag. Stützend und stemmend - und das ziemlich luftig! - gelangten wir zum engen Standplatz in einer Minihöhle.



Was nun folgt, kann man wirklich ruhigen Gewissens als "interessante" Routenführung bezeichnen. Quasi nach hinten raus klettert man zunächst den Kamin nutzend, dann nur noch an der rechten Höhlenbegrenzung auf einen Spalt zu, durch welchen man komplett hindurch muss. Auf dem Bild sieht man gerade Tonis Fuß verschwinden:


Selbst für mich als kleine Person war dies nicht einfach zu lösen, zumal die Wand unter dem Spalt mit ihren kleinen Tritten nicht gerade zum langen Verweilen einlädt. Später las ich dann hier folgende treffende Einschätzung der Stelle: "... durch einen Spalt hindurch. Sehr beeindruckende Stelle. Achtung hier wichtig, dass man nicht zu dick ist, also Rucksack am besten im Auto lassen, ansonsten zieht man den Kürzeren." Erschwerend kommt gerade hier dazu, dass sich der Vorsteigende außer Rufweite befindet... Hat man den Spalt - für mich die erste Schlüsselstelle - hinter sich gelassen, folgt noch ein kurzer schöner Kamin, und man gelangt zu einer Art Plateau, von dem man eine gute Aussicht auf einen Teil des Sella- und des Boèstocks hat.


Nach einer kurzen leichten Passage erwartet einen dann die zweite Schlüsselstelle. Der nächste Stand ist zwar nur anderthalb Meter entfernt, doch muss zuvor noch eine knapp 1m breite Schlucht überwunden werden. Klingt harmlos? Naja, die Schlucht ist gute 50m tief, und es gibt kaum etwas zum festhalten, da sich quasi einfach ein Spalt im Boden auftut - für meine Psyche eine ganz schöne Herausforderung! Dank einer kleinen Stufe, die mich gefühlt schon viel weiter an die andere Seite brachte, und guten Zuredens überwand ich schließlich auch diese Stelle nach dem Motto "Augen zu und durch".


Der Rest ist dann recht gemütlich; um 12 Uhr erreichten wir nach etwa drei Stunden den höchsten Punkt des Turms (2533m) ...


... mit wiederum schönem Blick auf die Königin der Dolomiten:


Nach einer Abseilfahrt und vorsichtigem Abstieg in steinschlaggefährtetem Terrain erreichten wir etwa eine Stunde später den Parkplatz. Wolken umspielten bereits die höheren Berge, und nochmal sechzig Minuten später schüttete es wie aus Eimern - zwar ohne Gewitter, doch wäre es auch so schon ziemlich ungemütlich am Gipfel des Langkofel gewesen!

Die von uns gekletterte Pilastriniführe weist übrigens einige (Normal-)Haken auf, doch wenn man zwischendurch mal einen Friend oder eine Schlinge platzieren kann, tut das der Vorstiegsmoral sicher ganz gut.

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